dream on two wheels

Kambodscha: einfach (aber) liebenswert!

Kambodscha ist arm! So arm das uns nachdem wir die Grenze überquert haben im Gegensatz dazu plötzlich selbst Laos entwickelter vorkommt. Nach wenigen Metern im neuen Land treffen wir auf zwei uns entgegen kommende Radfahrer. "Cambodia is rough, the roads can be pretty bad but the People are lovely. Also not so much great Food around", kommentieren die beiden grinsend. Okay, dann wissen wir schon mal bescheid...

Nur 5 Kilometer hinter dem Grenzposten ist die zuvor herrlich asphaltierte Straße plötzlich mit riesigen Schlaglöchern versehen bevor sie schließlich komplett zur  Schotterpiste wird.

Im Norden des Landes scheint momentan jedes Feld in Brand zu stehen. Durch die Brandrodungen haben wir manchmal kaum noch genug Sauerstoff zum atmen und auch unsere Tücher die wir uns über Nase und Mund spannen können kaum Abhilfe schaffen.

Im Gegensatz zu Laos und Thailand kommen uns Kambodschas Straßen leer vor. Wenn wir Fahrzeugen begegnen gleicht das einer "Roadshow" der Kuriositäten. Fahrzeuge die nicht mehr als aus einem Motor und einem Gestell bestehen. Oft so bepackt das man nur die Ware (zum Beispiel 100 gestapelte Matzen) sieht. Dazu kommen LKWs die bei uns wahrscheinlich schon in den 60 iger Jahren ausrangiert wurden, Mopeds mit 6 (!!!) Personen (2 Erwachsene und 4 Kinder, gerne auch noch ein 10 Kg Sack Reis auf dem Schoß), Ochsenkarren, Pferdekarren und jede Menge Fahrräder. Am meisten beeindruckt sind wir allerdings von den alten Minivans die, damit im Innenraum 30 Leute Platz finden, das komplette Gepäck (Motorräder, Schränke, Tische...) an der Heckklappe befestigt haben!

Grandios! Alles sitzt top fest, nur schnell noch tanken und los geht`s :-))))

Wir biegen schon bald von der Hauptstraße ab und folgen einem Pfad Richtung Mekong. Dessen Verlauf sind wir bereits in Laos gefogt haben ihn aber kaum zu Gesicht bekommen. Das soll in Kambodscha anders sein. Wir wollen nun endlich die "berühmten" Sonnenuntergänge über dem Fluss sehen. Auf den nächsten 40 Kilometern begegnen wir nur 2 Motorrädern und einem Pick up. Ansonsten haben wir die wunderschöne Route durch die trockene Buschlandschaft für uns.

An einer Kreuzung treffen wir auf eine Fabrik. Der Straßenverlauf ist auf unserer Karte allerdings komplett anders. Wir Fragen mit Händen und Füßen nach dem Weg ins Dorf zu unserer geplanten Übernachtung. Die Beiden Männer überschütten uns mit einem liebgemeinten Wortschwall. Wir verstehen nichts davon. Am Ende zeigen beide auf die Strommasten und signalisieren uns deren Verlauf zu folgen. Macht irgendwie Sinn!

Kambodscha mag vielleicht nicht  durch atemberaubende Landschaften punkten dafür aber durch seine Menschen. Jeder, aber auch wirklich jeder hat ein "Hello" und ein "Good Bye" mit einem breiten Grinsen für uns parat und wenn wir an den Häusern vorbeiradeln winken uns die Kinder wieder mit dieser grenzenlosen Begeisterung zu die wir schon in Laos erlebt hatten.

Tief beeindruckt sind wir vor Allem von den Lebenszuständen vieler Menschen. Eine Familie auf dem Land lebt oftmals in solch einem Holzhaus. Momentan ist Trockenzeit. Wir können uns kaum vorstellen wie es sein  muss in diesem  Haus in der Regenzeit wohnen zu müssen.

In Kambodscha leben Menschen noch am Existenzminimum. Bauern arbeiten in der prallen Mittagssonne auf ihren Feldern und pflügen die lehmartige rote Erde mit Hilfe von Ochsen. Abends waschen sie sich in den braunen Wasserlöchern aus denen auch die Tiere das Wasser trinken. Kleinkinder tragen Säuglinge umher, vom harten Leben gezeichnete Greisen liegen im Schatten in Hängematten unter den Häusern. Dennoch, trotz dieser harten Lebensumstände strahlen die Menschen wenn wir ihnen begegnen eine solche positive Energie aus!

Kambodscha ist ein Land mit einer noch nicht allzulang zurückliegenden traurigen, bedrückenden und  grausamen Vergangenheit. Am Wendepunkt des ersten kambodschanischen Bürgerkrieges, dem Einmarsch der roten Khmer in die Hauptstadt Phnom Penh, begann ein furchtbarer Völkermord bei dem bis zu dessen Ende 1979 ca. 2 Millionen Menschen durch Hinrichtungen, Hunger und Zwangsarbeit den Tod fanden. Bis 1998 folgen zwei weitere Bürgerkriege die mit dem Wiederaufbau der Monarchie ein Ende fanden. Seitdem erholt sich das Land von seiner schrecklichen Vergangenheit. Aufgrund der weltberühmten Ruinenstadt Angkor strömen nun jedes Jahr mehr Touristen nach Kambodscha die dem Land zum wirtschaftlichen Aufschwung und Wandel verhelfen. 

Wir legen einen Pausentag in der Provinzhauptstadt Kratie ein. Die Stadt ist für kambodschanische Verhältnisse fast schon eine Schönheit! Viele etwas heruntergekommene Gebäude im Kolonialstiel säumen die Hauptstraßen und die Sonnenuntergänge über dem Mekong an der Uferpromenade sind jeden Abend aufs Neue ein Spektakel.

Kambodscha ist flach und heiß. Die Unterfünfte sind so preiswert das wir bei der Hitze keine Lust mehr haben das Zelt aufzubauen. Für 4-5 Euro bekommen wir ein Zimmer mit Ventilator und kalter Dusche. Dabei ist das Wasser in den Leitungen durch die Hitze meist so aufgewärmt das wir uns sogar kälteres Wasser wünschen! Manchmal finden wir durch Zufall auch tolle abenteuerlichere Unterkünfte wie zum Beispiel eine Bambushütte auf Stelzen in einem winzigen Dorf. Das komplette Haus inklusive Balkon mit Blick auf den Fluss ist aus Bambus gebaut. In der Hütte schlafen wir auf einer Matratze unter einem Moskitonetz. Durch den Bambusfußboden und die Ritzen der Wände weht in der Nacht ein angenehm kühler Wind. Unter uns laufen die Hühner und Kühe durch den Garten. Perfekt!

Im Hintergrund die wunderschöne Bambushütte in der wir übernachtet haben. Auf der Bank unsere "Vermieter"

Wie viele Generationen hier wohl sitzen?

Die Familie stellt auch diese wunderschönen Körbe her. Leider zu groß als Fahrradkorb für die Reise :-(

Mekong

In vielen Dörfern wird die Straße ausgebaut

kambodschanisches Fischerboot

Schulschluss. Auch in Kambodscha trägt man Schuluniform.

aus "als" mach "neu"

Wir vermuten das die Schilder von den Bierfirmen gesponsert werden :-)

Kurz vor Siem Reap feiern wir die 30.000 Gesamtkilometer auf unserer Fahrradweltreise.

Die meisten Reisenden kommen  nach Kambodscha um sich die weltberühmten Ruinen von Angkor anzuschauen.

Die riesige Anlage mit mehr als 1000 Tempeln schaut man sich am besten per Fahrrad oder TukTuk an. Mehr als 10.000 Tuktuks soll es in der naheliegenden Stadt Siem Reap geben. Viele Hotels haben eigenen TukTuk Fahrer die die Gäste für einen gesamten Tag durch die Tempelanlage fahren. Wir finden überraschender Weise  ein preisgünstiges Zimmer für 8 Dollar, dafür ohne Tuktuk... Nach kurzer Internetrecherche stoßen wir auf eine Website eines Tuk Tuk Fahrers. Nach  E-Mail Kontakt steht leider fest das er schon ausgebucht ist. Er bietet uns aber an das sein Bruder uns fahren kann. Ein Tag "kleine Runde" kostet 15 Dollar. Wir bestimmen das Tempo in dem wir die Anlagen besichtigen. UND für uns das wichtigste, es ist auch möglich das wir vor Sonnenaufgang abgeholt werden. Kostet 5 Dollar extra aber es ist auch wirklich ziemlich früh denn wir müssen noch vor 5 Uhr morgens am Ticket Office sein.

Die Nacht ist daher eher kurz. Pünktlich um 4:30 steht unser Tuk Tuk Fahrer vor unserer Unterkunft. Im Stockdunkeln geht es die ca. 5 Kilometer zum Archäologischen Park von Angkor. Siem Reap, ganz sicher die Stadt mit der frühsten Rush hour der Welt!!! Die Hauptstraße Richtung Angkor ist gepackt mit hunderten  von TukTuks, Minibussen und Tourenbussen. Klar, niemand möchte verpassen wie die Sonne hinter dem Haupttempel "Angkor Wat" aufgeht und sich mit dem Tempel   im davorliegenden Seerosenbecken spiegelt.

Die Tickets sind schnell erledigt. Das Ticketgebäude ist so groß wie eine Bahnhofshalle und bestens auf den Ansturm der täglich 5.000-10.000 Touristen gewappnet. "Where are you from? Pleas look into the Camera" und schon werden die Tickets inklusive Passfoto in Farbe ausgedruckt.

37Dollar kostet das Tagesticket. Blos nicht verlieren. Das kostet dann 100 Dollar Strafe....!!! Kontrolliert wird an jedem Tempelkomplex aufs Neue.

Auf dem Weg zum Haupttempel erahnen wir den Ausmaß der Größe. Manche der Entfernteren Tempel liegen in bis zu 40 Kilometer Entfernung. Puh, gut das wir uns für einen Radfreien Tag entschieden haben. Mit hunderten anderen Touristen aus aller Welt laufen wir den letzten Kilometer vom Parkplatz zum Sonnenaufgangspunkt. Beleuchtung gibt es keine. Obwohl es gerade mal 5:30 ist hat sich schon eine riesige Menschentraube um das Seerosenbecken gebildet. Wir erwischen einen Platz an der linken Seite und setzen uns. bis zum ersten Licht sind noch 45 Minuten und bis zum wirklichen Sonnenaufgang noch 2 Stunden.

Die Kambodschaner sind kluge Geschäftsleute. Vom Beckenrand aus (damit man ja nicht seinen Platz verliert :-))) kann man Kaffee und Frühstück bestellen und bekommt es natürlich im Pappbecher und Plastikbox direkt dort hin gebracht!

Wir haben unser Frühstück im Rucksack. trotzdem kann ich mir einen Blick auf die Karte nicht verkneifen. Mal sehen was ein Kaffee mit "Angkor Blick" kostet. 2,50 Dollar! Ungefähr 150% Aufschlag aber ist ja auch ein sehr spezieller Ort :-)))

In Kambodscha gibt es im Übrigen 2 Währungen. Den US Dollar und den kambodschanischen Riel. 1 Dollar entsprechen 4000 Riel. Bezahlen kann man in beiden Währungen. Meistens wird das Wechselgeld allerdings in Riel rausgegeben so dass man gut daran tut seine Dollar in möglichst kleinen Scheinen dabei zu haben wenn man nicht in "Papiergeld" ertrinken will.

Inzwischen sind einige tausend Menschen um das Becken versammelt. Hier ist bestimmt auch Technik im Wert von mehreren Hundert tausend Euros vor Ort. Viele Besucher haben Stative, mehrere Kameras und Telefone dabei. Langsam wird es hell. Wir haben Pech. Es ist zu diesig und der Himmel ist nicht so spektakulär bunt wie wir es auf Fotos anderer Reisenden gesehen haben. Neben uns steht ein Japanisches Pärchen. Beide haben ein Telefon in der Hand mit dem sie fotografieren und parallel online fleißig ihre Fotos mit den Bildern aus dem Internet vergleichen.

Die ersten Reisenden haben bereits die Geduld verloren und machen sich auf dem Weg in den Tempelkomplex. Bis die Sonne definitiv hinter den Wolken hervorkommen wird bleibt auch für uns genug Zeit durch die Anlage zu schlendern. Zudem wird es dann zügig heiß werden. Wir machen uns also auch auf den Weg

Wir sind fast alleine :-)))

Langsam kommt die Sonne hinter den Wolken und dem Haupttempel Angkor Wat hervor

Im Innenbereich des  Haupttempels

Um den Haupttempel sind viele Affen unterwegs

Warten auf Kundschaft

Angkor Thom South Gate.

Ungefähr 1 Km nördlich von Angkor Wat befindet sich die von einer Mauer umgebende 9 Quadratkilometer große Stadt Angkor Thom mit dem Haupttempel "Bayon"

Der Bayon Tempel ist berühmt für seine meterhohen aus Stein gemeißelten Gesichter

Baphuon Tempel

mit dem Tuk Tuk geht es weiter...

Spätestens seitdem vor 15 Jahren Angelina Jolie als Lara Croft, einer Art weiblichen Indiana Jones, im Film Tomb Raider die Ruinen von Angkor unsicher machte haben die Besucherzahlen um ein vielfaches zugenommen. Einer der Tempel wird von vielen Touristen und Tuk Tuk Fahrern sogar häufig als " Lara Croft Tempel" bezeichnet. Dieser wunderschöne Tempel trägt eigentlich den Namen "Ta Prohm" und fasziniert durch seine spektakulär von Würgefeigen überwucherten Ruinenteile.

Wenn man durch das engen und verwinkelten Ruinen Labyrinth läuft kommt man sich selbst ein wenig vor wie Indiana Jones und der Tempel ist wegen dieser verwunschenen Atmosphäre auch eindeutig unser Favorit! 

natürlich muss man auch nicht weit laufen um die "wichtigsten" Souvenirs zu kaufen :-)

Die Tempel werden zum Teil noch aktiv benutzt

Eine Frage die uns häufig gestellt wird: " Und, dieses Angkor, hat es sich gelohnt"?? Die Frage können wir ganz klar mit "Ja" beatworten. In einem Tag konnten wir leider nur einen winzigen Bruchteil der Anlage bestaunen aber sind absolut beeindruckt. Für uns eine DER Weltklasse Ruinenanlage die locker mit Machu Picchu in Peru, Tikal in Guatemala und Teotihuacán in Mexiko mithalten kann.

Viele Touristen? Ja! Aber wer sich mental darauf einstellt, sich mehr Zeit nimmt und die Ruinen "antizyklisch" zu den großen Reisegruppen anschaut (haben wir leider auch nicht gemacht) der kann den großen Touristenmassen entgehen.

Von Siem Reap trennen uns nur noch wenige Tage zur Grenze nach Thailand. Wir machen uns auf den Rückweg nach Bangkok den wir fliegen von dort aus weiter nach Europa. Wo es hin geht? Lasst Euch überraschen, die Reise ist auf jeden Fall noch nicht zu Ende :-)

ein letzter starker und herrlich süßer Eiskaffee vor der Grenze muss sein: Man nehme eine halbe Dose gesüßte Kondensmilch, extrastarken Filterkaffee, mischen, über einen Becher mit Eiswürfeln gekippt und.....fertig ist die "Radfarerturbokalorienbombe"

Wir nähern uns dem Grenzübergang Poipet nach Thailand. Angeblich eine der chaotischsten Grenzen Südostasiens. Auf der kambodschanischen Seite haben wir die Formalitäten nach 5 Minuten erledigt. Ausreisestempel und weiter geht`s. Auf der thailändischen Seite haben wir das Glück uns in die Moped Schlange einreihen zu dürfen. Die geht schnell voran denn die Kambodschaner die nur rüber zum Markt wollen sind schnell abgefertigt. Das Thai Visum on Arrival ist kostenlos und in 10 Minuten erledigt. So einfach hatten wir das nicht erwartet!

Wir verlassen Kambodscha und sofort wird der krasse Wechsel zwischen dem armen Kambodscha und dem doch recht wohlhabenden Thailand offensichtlich....Übergewichtige Menschen, echte Supermärkte, herrlich duftende Straßenstände mit jeglicher erdenklicher Leckerei und die immer und überall vorhandenen Seven-Eleven Läden. Das sind wie kleine Tankstellengeschäfte in denen es alles gibt nur nicht so teuer.

Kambodscha hat uns sehr gefallen. Vor allen haben wir die herzlichen und offenen Menschen genossen. Laos und Kambodscha haben uns in den zwei Monaten allerdings einiges an Kraft gekostet. Das Essen in den Restaurants und den Märkten hat uns oft nicht angesprochen und so haben wir die meiste Zeit selbst gekocht. Da die Auswahl doch sehr eingeschränkt war gab es meistens Reis und Omelette oder Baguette mit Gurke und Tomate. Wir haben beide ziemlich Gewicht gelassen und freuen uns auf das reichhaltige Angebot in Thailand.

Der erste thailändische Supermarkt mit Bäckerei muss für uns hungrige Radler herhalten :-)) 

Vor dem Radladen "Crazy Touring" in Bangkok. Danke fürs neue Tretlager, neue Schläuche und tolle Wimpel für unsere Räder :-)))!!!

Zurück in Bangkok schließt sich nach 4 Monaten  Südostasien der Kreis. Unsere Asienrunde hat uns begeistert und gezeigt wie anders die Menschen im Vergleich zu uns in Deutschland hier  leben. Wir haben ausschließlich nette Menschen getroffen. Vor allem die Begegnungen mit den Kindern die jedes Mal komplett aus dem Häuschen waren wenn sie uns auf den Rädern entdeckten haben  einfach Freude gemacht. 

Das Leben entlang der Straße hat uns fasziniert und wie schon so oft auf der Reise haben wir über das Improvisations- und Stapeltalent der Leute geschmunzelt.

In wenigen Tagen geht es per Flieger zurück nach Europa. Oft werden wir gefragt warum wir nicht "noch mal eben" zurück nach hause radeln? Es wäre gelogen wenn wir behaupten würden nicht daran gedacht zu haben. Ein weiteres Jahr wollen wir aber nicht noch unterwegs sein und deshalb freuen wir uns nun auf ein "langsames Ankommen" mit ein paar Wochen Radeln in Europa mit all seinen "Nahrungsvorzügen"!

Lasst Euch überraschen von wo der nächste Bericht kommt.

Bis bald,

Anja und Radko

P.S. Radko hat schon geguckt wo sich nach unserer Ankunft in Europa der nächste Supermarkt vom Flughafen befindet.... in nur 5 Kilometer Entfernung. Ist dann wohl klar wo es als erstes hin geht, oder?